Chronik: 1960–1969

Was in unserem Dorf geschah:

Es ging mit Schwung in die sechziger. Die alte ortsübliche Bekannt­machung mit der Gemeindeschelle durch einen Gemeindebediensteten wurde zum 1. April 1960 eingestellt. Stattdessen wurden an verschie­denen Orten Aushängekästen angebracht, welche die Bekannt­machungen enthielten. Ebenfalls wurden folgende Neuerungen durch die Gemeindevertretung beschlossen und zum 1. April 1960 einge­führt: Die staubfreie Müllabfuhr und die Müllsammlung in ent­sprechenden Tonnen (als Müllhalde dient bis 1969 der alte Steinbruch am Ortsausgang nach Kleinalmerode), die Errichtung eines Kinder­spielplatzes auf der alten Bleiche, die Einstellung eines Gemeindear­beiters sowie die Einführung einer Entwässerungsgebühr in Höhe von 6,50,- DM pro Einwohner und Jahr. Es wurden damit einige "heiße Eisen " angefaßt, welche mit neuen Kosten und Gebühren den einzel­nen Gemeindebürger betrafen, aber es galt auch damals, einen muti­gen Schritt nach vorn zu gehen und die Gemeinde den sich ändernden Bedingungen anzupassen.

Die wichtigste Maßnahme war jedoch der Ausbau unserer Straßen. Sie mußten dem steigenden Verkehrsaufkommen angepaßt werden.

K.-H. Siebert bei Straßenarbeiten in der Kaufunger Straße

Auch in 1960 fanden wieder Gemeinde- und Kreistagswahlen statt. Unsere Partei konnte auf Gemeindeebene 80,4 % und auf Kreisebene 74,9 % der in unserem Ort abgegebenen Stimmen erzielen. Unsere Parteimitglied Arthur Wenzel wurde erneut in den Kreistag gewählt und dieser wählt ihn erneut zum 1. Vorsitzenden.

Um die steigende Bautätigkeit in unserem Dorf in geregelte Bahnen zu lenken, beauftragte die neugewählte Gemeindvertretung den Bür­ger­meister, durch das Kreisbauamt einen Bebauungsplan nach den neusten Bestimmungen ausarbeiten zu lassen. Die nächste wichtige Entscheidung der Gemeindevertretung fällt am 11. Juli 1961. Das ge­meindeeigene Stromnetz wird mit Wirkung vom 1. Juli 1961 an die EAM verkauft, bzw. übergeben. Eine Weichenstellung für die Zu­kunft, da die steigenden Stromverbräuche eine Erneuerung unum­gäng­lich machte und dies von der Gemeinde nicht hätte finanziert werden können.

Im Jahr 1962 konnte sich die Gemeindevertretung kaum über man­geln­de Arbeit beklagen. Viele Entscheidungen lagen an, wie etwa die Planherstellung für den Ausbau des neuen Sportplatzes, Instand­setzungen des Schulgebäudes oder die Beseitigung von Unwetter­schäden. Bei der Landtagswahl am 11. November 1962 konnte die SPD 84,7 % der abgegebenen Stimmen in unserem Ort auf sich ver­buchen.

In 1963 werden die Arbeiten zur Neugestalltung des Sportplatzes nach einem Beschluß der Gemeindevertretung einer Kasseler Firma übertragen. Noch im Herbst des selben Jahres wurde mit den Arbeiten begonnen. Der Tuspo mußte für eineinhalb Jahre seine Spiele in Kau­fungen bestreiten.

Im Jahr 1964 sind wieder die Kommunalwahlen zu erwähnen. Auf Ge­meindeebene trat nur noch unsere Partei an und errang dement­sprechend alle Sitze im Gemeindparlament. Viel wichtiger ist ein Stimmenzuwachs bei der Kreistagsliste um 10,5 % gegenüber 1960. Ein eindeutiger Vertrauensbeweis für unsere Partei und sicherlich auch ein Stück weit auf die Arbeit von Arthur Wenzel im Kreistag zu­rückzuführen. Er wurde auch diesmal zum 1. Vorsitzenden des neuen Kreistages gewählt.

Der Höhepunkt des Jahres 1965 war die Einweihung des neuen Sport­geländes am 29. und 30. Mai.

Einweihung der neuen Sportanlage 1965

Am 14. Juni des selben Jahres wurden in der Gemeindevertretung der Anschluß an die Müllverbrennung be­schloßen. Nur vier Wochen später entlud sich eines der schwersten Un­wetter des Jahrhunderts über unserer Gemeinde. Der Niestebach wurde zum reißenden Wildwasser und richtete schwere Schäden im gesamten Tal an. Alle Brücken unserer Gemeinde wurden entweder schwer beschädigt oder gänzlich von den Wassermassen weggerissen.

Auch hier waren die Gemeindevertreter gefordert und mußten sich um die Beseitigung der Schäden kümmern. Die Summe der für die Ge­meinde anfallenden Kosten betrug rund 300.000,- DM. Vom Land Hessen und vom Kreis erhielt man Zuschüsse in Höhe von 70.000,- DM. Dieser Betrag mußte im Jahr 1966 im Haushalt unserer Gemein­de bereitgestellt werden. Bei den Landtagswahlen im November 1966 konnte die SPD in Nieste ein Traumergebnis von 86,2% verbuchen.

In 1967 gab es einen kleinen Volksentscheid in der Endschlagsied­lung. Alle 18 stimmberechtigten Bürger wünschten einen Anschluß an die Gemeinde Nieste (die Endschlagsiedlung zählte bis dato zur Ge­markung Escherode). Nach zähen Verhandlungen unseres Gemeinde­vorstand mit den Landräten und Regierungspräsidien erfolgte die Übergabe am 1. Juli 1968.

Unser Gemeindeblatt wurde am 20. Oktober 1967 von der Gemeinde in Auftrag gegeben. Bei den Kommunalwahlen im Oktober 1968 trat auf Gemeindeebene wieder nur unsere Partei an. Dementsprechend stellte sie wieder alle 9 Gemeindevertreter. Auf die Kreis-SPD entfie­len 81,4% der abgegeben stimmen. Auch diesmal zog Arthur Wenzel für unsere Partei in den Kreistag ein und wurde in der ersten Sitzung zum 1. Kreisbeigeordneten gewählt. Die wichtigste Arbeit der neuen Gemeindevertretung war der Ausbau der Kasseler und der Witzen­häuser Straße. Hierzu mußten einige Häuser der Verbreiterung weichen. Nach einigem hin und her brachte ein energischer Brief un­seres Ortsvereins an den Kreis und das Straßenbauamt den Ausbau ins Rollen. Der Straßenausbau war unbedingt notwendig geworden, um die Fußgänger –und hier vor allem die Schulkinder – vor den Ge­fahren des stetig zu­nehmenden Durchgangsverkehrs zu schützen. Am 24. April 1969 wurde der Plan des Straßenbauamts in der Gemeindervertretersitzung vorgelegt und besprochen. Mit den Arbeiten wurde dann etwa ein Jahr später begonnen.

Was in Deutschland und der Welt geschah:

Im November 1960 wird John F. Kennedy zum Präsidenten der USA gewählt, seine Amtseinführung ist am 20. Januar 1961. Der 12. April des selben Jahres ist einer der größten Tage der Raumfahrt. Der sow­jetische Luftwaffenmajor Juri Gagarin ist der erste Mensch im Weltraum. Mit dem Raumschiff Wostok I umkreist er die Erde. In der Zeit vom 10. bis 20. April 1961 findet die Invasion in der Schweinebucht auf Kuba statt. Die von Kennedy und dem CIA unterstützte Aktion von Exilkubanern wird zum außenpolitischen Fiasko für den jungen Präsidenten der USA. Nur wenig später, am 2. Mai 1961 erklärt Fidel Castro Kuba zum sozialistischen Staat. Für Deutschland ist der 13. Au­gust 1961 einer der schwärzesten Tage der Nachkriegszeit. Die DDR-Regierung beginnt in Berlin mit dem Bau der Mauer.

Die Deutsche Teilung wird damit markant sichtbar. Im Februar des Jahres 1962 wird die Nordseeküste und Hamburg von einer der schwersten Flutkatastrophen heimgesucht. Allein im Raum Hamburg kommen 312 Menschen ums Leben. Im Oktober des selben Jahres steht die Welt kurz vor dem 3. Weltkrieg, nachdem die Sowjets Kuba mit Raketen beliefert haben. Durch Vermittlung des UN-Generalsekretärs kann die Kuba-Krise entschärft werden und Nikita Chruschtschow läßt die Raketenbasen wieder abbauen.

Am 26. Juni 1963 besucht John F. Kennedy Berlin und spricht nach Solidaritätsbekundungen seinen berümten Satz "Ich bin ein Berliner".

Für Deutschland geht am 15. Oktober 1963 die Ära Konrad Adenau­ers zu Ende. Der damals 87jährige tritt als Bundeskanzler zurück. Zu seinem Nachfolger wird Ludwig Erhard gewählt.

Nur einen Monat später, am 22. November, erschüttert eine Nachricht die ganze Welt. Der amerikanische Präsident John F. Kennedy wird in Dallas ermordet.

Die deutsche Sozialdemokratie muß im Dezember 1963 den frühen Tod ihres Vorsitzenden Erich Ollenhauer betrauern. Er starb nur zwei Tage nach unserem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss am 14. Dezember 1963. Willy Brandt wird zwei Monate später zu seinem Nachfolger im Amt des 1. Vorsitzenden gewählt.

Im Oktober 1966 zerbricht in Bonn die Koalition zwischen CDU und FDP an der Finanzlage des Bundes. Nach dem Rücktritt Ludwig Er­hards ist der Weg frei für eine große Koalition zwischen CDU und SPD mit Kurt Georg Kiesinger als Kanzler. Er wird am 1. Dezember 1966 vom Deutschen Bundestag bestätigt. Nur wenige Monate später müssen die Sozialdemokraten wieder Abschied nehmen. Diesmal von ihrem Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Fritz Erler, der einem Krebsleiden erlag. Am 19. April 1967 trauert unser politischer Gegner und die Bundesrepublik um unseren ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer, der im Alter von 91 Jahren einen grippaken Infekt nicht überlebte. Im Dezember gelingt Professor Christiaan Barnard die erste Herztransplantation, sein Patient Luis Washkansky stirbt allerdings 18 Tage nach der Operation an einer Lungenentzündung. Die zweite Transplantation am 2. Januar 1968 glückte hingegen.

Der US-Bürgerrechtler Martin Luther King wird am 4. April 1968 auf dem Balkon eines Hotels in Memphis erschossen. Nach dem Bekannt­werden seines Todes kommt es in ganz Amerika zu Rassenunruhen, denen 46 Menschen zum Opfer fallen. Die Verabschiedung des von ihm miterkämpften "Bürgerrechtsgesetzes 1968" nur wenige Tage später, konnte er nicht mehr miterleben.

Mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Prag im August 1968 endet der sog. Prager Frühling. Die tschechische Staatsführung unter Alexander Dubček wollte einen Sozialismus unter demokratischen Voraussetzungen schaffen.

Am 5. März 1969 wird Gustav Heinemann zum ersten sozialdemokra­tischen Bundespräsidenten gewählt.

Neil Armstrong betritt am 21. Juli 1969 um 3.56 Uhr MEZ als erster Mensch den Mond und leutet damit ein neues Zeitalter der Raumfahrt ein.

Am 21. Oktober 1969 wird Willy Brandt als erster sozialdemokra­tischer Bundeskanzler von einer sozial-liberalen Koalition gewählt. Eine zwanzig Jahre dauernde Durststrecke für unsere Partei ging damit zu Ende.

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